
Kaum einer kann bestreiten, dass Oasis mit Songs wie die beiden unvermeidlichen Hits „Wonderwall“ und „Don´t Look Back In Anger“ Meilensteine des Gitarren-Rock und Brit-Pops schufen, nebenbei die Geburtsstunde des gleichnamigen Phänomens definierten und somit Wegbereiter ähnlich populärer Bands wie Blur, Pulp oder The Verve waren. Und natürlich waren Oasis auch ihre eigene Marketing- und Schlagzeilenmaschine: Keine Band hat ähnlich gerne und konsequent ihr Image als arrogante Rüpel-Frontmänner mit Dauergrößenwahn bei gleichzeitiger Unterschichten-Attitüde gepflegt. Legendäre Zitate wie „Wir sind nicht arrogant, wir sind einfach nur der Meinung, dass wir die beste Band der Welt sind“, selbsternannte Vergleiche mit den Beatles und Premium-Starallüren waren da an der Tagesordnung - und gehörten zu Oasis wie die dauerschwelende und offen kommunizierte Bruder-Hassliebe, die ständig neue Höhepunkte verlangte und sich als roter Faden folglich in der Band-Auflösung manifestierte. Irgendwie auch ein absurdes Markenzeichen: Zwei Ausnahme-Songwriter, die sich gegenseitig ihr Verständnis und das Können des jeweils anderen absprechen, um sich so immer weiter nach vorne pushen.
Unabhängig davon sind es aber die Songs, die Oasis ganz objektiv und ohne diese Nebenkriegsschauplätze zu einer der größten Band in der Musikgeschichte werden ließen. Die Genialität zeigt sich in der Klasse, der Konstanz und dem Selbstverständnis, in der unsterbliche Songs entstanden: So etwa das zäh-rockende „Go Let It Out“, der Mitwipper „Layla“, das mächtig-rührige „Stand By Me“ oder als Klassiker das mindestens so opulente wie ewig in sich implodierende „Champagne Supernova“ vom Überalbum „(What´s The Story) Morning Glory“ (1995), dem Soundtrack einer ganzen Generation von Pubertäten. In ihrer eigenen Abgehobenheit entstanden so Songs, die zwar immer nach dem zeitlos-gleichen Oasis-Prinzip aus dicker Gitarren-Soundwand, kautschukartigen Ziehen des Refrains und ins Mikrofon gepresste Vocals funktionierten – aber auch immer eine Entwicklung durchlebten. Sicher waren und sind die Beatles immer die Vorbilder der Gallagher-Brüder, könnte doch Songs wie „Let There Be Love“ oder mit Abstrichen auch ein „Little By Little“ genauso gut auch in der Sofaritze von John Lennon gefunden und vertont worden sein. Aber die wahre Klasse zeigt sich in eher minder beachteten Manifesten wie etwa „D´You Know What I Mean“, das die ersten 2:30 Minuten locker vor sich her purzelt und dabei komplett auf den Refrain verzichtet, nur um genau jenen die nächsten fünf Minuten wieder und wieder in sämtlichen Farben abzufeiern. Ein ähnliches Prinzip verfolgt "All Around The World", das in der Original-Version gar über neun Minuten ständig einen neuen Höhepunkt findet. Wahnsinnig. Gigantisch. Genial.
Genau das sind Oasis, und genau deswegen ist „Time Flies… 1994 - 2009“ nicht nur aus Sicht eines Fans ein absolutes Muss - sondern auch ein musikhistorisches Zeugnis, dass sich mit Oasis eine der größten Rock-Bands der Neuzeit aufgelöst hat. Vielleicht waren sie nicht größer als die Beatles, aber mit Sicherheit eine der besten Bands der Welt.
P.S.: Wenn das überhaupt das Ende der Oasis-Geschichte ist... Zwar macht Liam Gallagher erfolgreich in Mode und schraubt an einem Beatles-Film, während Noel Gallagher schon die Neuformation von Oasis als Beady Eye verkündet – aber dennoch nicht auszudenken, dass es das Gespann Liam und Noel Gallagher in ihrer Kongenialität nicht mehr gibt, meint selbst Yoko Ono.
achja, hier noch ein schöner Rückblick auf Oasis:
AntwortenLöschenhttp://www.faz.net/s/RubE219BC35AB30426197C224F193F54B1B/Doc~E863C7F8989304F8587A25A94BF8447D9~ATpl~Ecommon~Scontent.html