Unglaublich, aber wahr: Der kleine Ort
Wassertrüdingen in Mittelfranken beabsichtigt tatsächlich eine ca. 55 Meter hohe Christus-Statue als "Touristen-Magnet" an einer Anhöhe aufzustellen. Assoziationen mit der Christus-Statue auf dem Corcovado in Rio de Janeiro werden da unvermeidlich - und schon der Vergleich mit der Millionenmetropole Brasiliens konterkariert und verbietet eigentlich diese gigantomane, naive Planung. Wortspiele mit dem Namen des Bürgermeisters Günther Babel liegen da auch nicht fern, obwohl er immerhin die Meinung vertritt, dass "die Christus-Figur (...) theologisch gut begleitet werden (muss)" . Warum aber eine 6000-Seelen-Gemeinde tatsächlich meint, durch ein konstruiertes "achtes Weltwunder" ihre eigene wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Identität zugunsten einer Investoren-Blase vollkommen in Frage zu stellen und - in letzter Konsequenz - in ihrer Existenz zu gefährden, bleibt dem am Boden gebliebenen ungläubig staunenden Franken verschlossen.
Auch die Tasache, dass der Investor mit diesem "Projekt" in
anderen Kommunen schon abgeblitzt und auf berechtigten Widerstand gestoßen ist, sollte den verantwortlichen Wassertrüdigern zumindest zu denken geben. Immerhin ist die Gemeinde mit der Taktik, das Projekt bis zur entscheidenden, nicht-öffentlichen Ratssitzung geheim zu halten, scheinbar gut gefahren.
Wer auf Gedeih und Verderb versucht, ein Alleinstellungsmerkmal - und damit ein Marketingfaktor - für seine Gemeinde zu finden, der sollte nicht auf eine konstruierte Amerikanisierung des Landschaftsbildes setzen, sondern aus der Historie die wahre Identität des Ortes herausstellen und fördern.
Dem fast schon paranoid wirkenden Drang ländlicher Bereiche nach Übernachtungszahlen und Arbeitsplätzen scheinen heutzutage wohl viele zu schnell zu erliegen - und es wäre tatsächlich ein Wunder [sic!], wenn der Christus-Koloss dieses in Wassertrüdingen bewirken sollte. Den Vorwurf des "Verkaufs der Heimat", wie er von einigen Gegnern
formuliert wurde, müssen sich die Befürworter aber gefallen lassen - ganz unabhängig von jeder religiösen Diskussion.